Aus dem fiktiven Tagebuch eines Künstlers – 3.8.2023

Wieder ein sonniger Tag in der Schlossküche. Da ich unsere Bezzerra – Maschine immer noch nicht
zur Reparatur gebracht habe, gibt’s wieder nur Tee – soll aber eh gesünder sein… Gestern wars
wieder ein langer und schöner Abend im Atelier, diesmal mit dem Ehepaar Rimsky-Korsakov. Wenn
es gut läuft, kaufen sie das große Triptychon. Netterweise kannten sie auch Mstislaw Rostropowitsch
und waren tatsächlich auch zum War-Requiem in Peenemünde – 3sat hatte offensichtlich auch
unseren Film zum Konzert gerade nochmals wiederholt. Reichlich Anknüpfungspunkte also, auch
wenn das nun doch schon 21 Jahre her ist… haben lange über meine Motivation zu diesem Konzert
und auch über Gorbatschows Reaktion an diesem Abend geredet. Auch er ist nun leider kürzlich
verstorben. Gerne hätte ich mit ihm nochmal über seinen Nachfolger Putin und den Ukrainekrieg
geredet… Mit den Korsakovs war ich im Abendlicht auch noch bei meiner Installation am
Drensteinfurter Kriegerehrenmal. Die Mohnblumenwiese ist gerade noch in voller Blüte. Sehr schön.
Vielleicht sollte ich doch noch gezielter politische Themen bespielen.
Die Mails von heute sind schon beantwortet. Gleich noch die wöchentliche Buchführung. Mein Blog-
Artikel zum Thema Heimat hat einige Kontroversen ausgelöst – wer Wind sät, muss auch mit dem
Sturm umgehen; ich denke nicht, dass ich da um eine nochmalige Reaktion herumkomme. Am besten
gleich noch heute. Außerdem ist heute wieder die Wäsche dran.
Die Selbstvermarktung ohne Galerie macht schon richtig Arbeit, ist aber bei der gegenwärtigen Krise
der Galerien vermutlich doch der einzig richtige Weg. Die drei Beton-Arbeiten zur Grauen Energie
waren kaum im Netz und schon verkauft. Wie es dazu kommt ist mir nach wie vor schleierhaft, aber
es funktioniert. Klar ist mir inzwischen, dass wir längst nicht mehr von dem e i n e n, seit rund 200
Jahren stabil (wert-)konservativen Kunstmarkt reden, sondern von mehreren Märkten, die sich in
unterschiedliche Preissegmente differenzieren. Nicht nur die Inhalte oder Qualitäten bestimmen den
Preis, sondern tatsächlich wohl durchaus auch umgekehrt, der höhere Preis steht in diesem Markt für
die „bessere Kunst“. Auch das althergebrachte, mir weiterhin sehr sympathische Bildungsbürgertum
ist heute nicht mehr das klassische Sammlerpublikum – auch wenn etwa die Rimski-Korsakovs doch
noch zu dieser Kategorie zählen -, sondern die Geldanlage, das Sich-Leisten-Können, scheint das
bestimmende Qualitätskriterium einer neuen Käuferschicht zu sein, die die Kunst als Beleg ihrer
Geschmackskompetenz nutzt. Auch das ist legitim. Was offensichtlich, im Sinn der Geldanlage, auch
dazu führt, dass die Werke mit entsprechender Wertsteigerung dann wieder auf dem Markt
erscheinen, statt in der Privatsammlung zu verschwinden. Auch das ein Vorteil… Bis ins
Auktionsgeschäft wird es für meine Arbeiten vermutlich noch etwas dauern, aber wer weiß…
Wie da die Mechanismen funktionieren, wie man die Arbeiten erfolgreich in einer Auktion platziert,
bleibt mir im Moment weiterhin unklar, da dieses System den akzeptiert hohen Preis mit
entsprechender Wertsteigerungsaussicht braucht, den es allerdings wiederum selbst erst festlegt…
Vielleicht doch noch mal eine Frage an Nina Mücke wert, die meiner Erinnerung nach ja auch bei
irgendwelchen Auktionshäusern unterwegs war. Vielleicht sollte es mir aber auch wirklich egal sein,
so lange der Laden so gut läuft…
Beton ausschalen, Nacharbeiten und Fotografieren steht heute auch noch auf dem Programm. Und
ganz im Sinn von Nina, die mich ja eindringlich ermahnt hat, jeden Tag auch wenigstens Kleinigkeiten
zu produzieren, um die kreativen Muskeln zu trainieren, werde ich gleich noch ein paar Aquarell-
Skizzen auf dem schönen Handgeschöpften machen. Apropos trainieren, das tägliche Laufen im
Schlosspark hat meiner Konstitution schon merklich gutgetan, kostet mich aber nach wie vor
Überwindung.

Morgen bin ich wieder an der Akademie in Düsseldorf und leider noch überhaupt nicht vorbereitet…
aber wenigstens die Kaffeemaschine bringe ich heute noch weg.
Tagesablauf in der Rückschau: 8.00 Uhr Schlosspark-Lauf, bis 10.00 Uhr ausgedehntes Frühstück mit
Mails, Waschmaschine angeworfen, 10 bis 11 Uhr wöchentliche Buchführung, 11 bis 12.30 Uhr
Ausschalen und Nacharbeiten, bis 14.30 Uhr unter der Platane am Blog über Heimat geschrieben
(kleiner Snack inklusive), Wäsche aufgehängt und Einkauf erledigt, bis 16.30 Uhr neue Arbeiten
fotografiert und 5 kleine (leider weniger brauchbare) Aquarelle produziert, Kaffee-Maschine
weggebracht und in Münster gleich neues Bütten gekauft, 18.30 Uhr kleine Pasta zum Abendessen
gekocht, 20.30 bis 22.00 Uhr dann doch noch das Beton-Seminar zum Thema Steinzeit vorbereitet.
Wieder ein schöner Tag. Künstler zu sein bedeutet halt doch nicht nur, Kunst zu machen…
Morgen gibt’s übrigens wieder Tee…